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Zivile Konfliktbearbeitung und Friedensförderung

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10 Jahre ZIF: Bundesregierung ehrt erstmalig Zivilexperten in Friedenseinsätzen, Vorschlag für einen "bunten" Rückkehrertag

Veröffentlicht von: Nachtwei am 27. Mai 2012 15:51:08 +01:00 (33627 Aufrufe)

10 Jahre ZIF Das Zentrum Internationale Friedenseinsätze in Berlin feierte am 24. Mai mit vielen Hundert Gästen sein zehnjähriges Bestehen. Eine historische Premiere war die Ehrung der anwesenden zivilen Experten aus internationalen Friedenseinsätzen durch die Bundesregierung. Der Vorschlag eines Tages der Anerkennung für alle, die in Friedenseinsätzen waren, verdient Unterstützung und Diskussion. Als Begleiter des Projekts ZIF seit den 90er Jahren erinnere ich an die Entstehungsphase 1998 ff.

10 Jahre ZIF Jubiläumsfeier: Bundesregierung ehrt erstmalig zivile Experten in Friedenseinsätzen, Vorschlag für einen

Rückkehrertag mit Uniform und Zivil

Winfried Nachtwei, MdB a.D., Ko-Vorsitzender Beirat

Zivile Krisenprävention beim AA, Vorstandsmitglied DGVN

Die Feier

Über 600 Menschen kamen am 24. Mai im Wasserwerk Berlin zusammen, um das zehnjährige Bestehen des Zentrum Internationale Friedenseinsätze ZIF zu feiern. (www.zif-berlin.org ) Es war ein herzliches Wiedersehen: von Hunderten, die nach ZIF-Trainings in Friedenseinsätzen und Wahlbeobachtermissionen rund um den Globus gearbeitet haben; von Kooperationspartnern aus Ministerien, Entwicklungszusammenarbeit, Bundeswehr, Friedensforschung, Polizei, aus UN, OSZE, EU; von Abgeordneten, von frühen Förderern, Unterstützern und vielen Sympathisanten. Gleichzeitige außenpolitische Debatten im Bundestag behindern eine größere Teilnahme von Abgeordneten. Der angekündigte Außenminister wird von Staatsminister Link vertreten.

Die Jubiläumsfeier bringt eine historische Premiere: Erstmalig werden Zivilexperten für ihren mindestens einjährigen Einsatz in Friedensmissionen offiziell durch die Bundesregierung und das ZIF mit einer Urkunde geehrt. Die Bundesrepublik Deutschland verlieh schon Tausende Orden und Ehrenzeichen an Soldaten und Polizisten für ihre Beteiligung an Einsätzen. Zivile Experten in Friedensmissionen erhalten heute erstmalig eine offizielle Anerkennung.

Leistungen für Friedenseinsätze

Das ZIF praktiziert erfolgreich einen integrierten Ansatz von Training, Human Ressources und Analyse. Getragen wird die Arbeit von knapp 40 MitarbeiterInnen, die Hälfte davon befristet in Projekten. In der weltweiten Community der Ausbildungsstätten für Peacekeeping und Peacebuilding ist das ZIF als führend anerkannt. In Deutschland kooperiert das ZIF mit Ausbildungseinrichtungen der Polizei und der Bundeswehr.

ZIF-Direktorin Dr. Almut Wieland-Karimi erinnert in ihrer Begrüßung daran, dass der Erfolg des von einer „Koalition der Willigen" gegründeten ZIF keineswegs garantiert gewesen sei. Bis heute habe Friedensarbeit mit ihrer mangelnden Sichtbarkeit zu kämpfen. Verhütete Konflikte sind „unsichtbare Erfolge".

Beeindruckend sind nichts desto weniger einige Leistungszahlen: Das ZIF trainierte bisher ca. 2.300 ExpertInnen, zu 44% Frauen und ca. ein Drittel Internationale. Der ZIF-Expertenpool umfasst inzwischen über 1.200 Fachkräfte. Gegenwärtig nehmen über 200 vom ZIF vermittelte ExpertInnen an internationalen Friedenseinsätzen teil. Insgesamt nominierte das ZIF 3.250 WahlbeobachterInnen vor allem für Missionen der OSZE, aber auch der EU.

(Sehr hilfreich, weil informationsdicht, praxisnah und kompakt sind die ZIF-Analysen. Die After Work Briefings des ZIF am Ludwigkirchplatz habe ich immer wieder als einen Ort besonders offener, praxisnaher und vielseitiger Berichterstattung und Auswertung von internationalen Einsätzen erfahren.)

In Videobeiträgen und Interviews wird die Arbeit einzelne Zivilexperten anschaulich und persönlich: aus Haiti, Georgien, Usbekistan, Kosovo, Irak, Tadschikistan und Afghanistan.

Einsatzbereiche der Zivilexperten

Wahlen, Menschenrechte, Rechtsstaatlichkeit, Verwaltungs- und Regierungsaufbau, Aufbau unabhängiger Medien, Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, politische Analyse und Beratung, Versöhnung und Vermittlung, Missionsaufbau und Management, Humanitäre Hilfe und Flüchtlingsarbeit, Entwaffnung, Demobilisierung und Reintegration, Beobachtung und Verifikation, Infrastruktur und Wirtschaft.

Qualitatives Wachstum

Zahl und Zusammensetzung der Jubiläumsgäste machen deutlich, wie kräftig und gut das ZIF in seinen ersten zehn Jahren gewachsen und wie hoch geschätzt es bei allen ist, die ihm einmal begegnet sind.

Von Anfang an hatte das ZIF international in der UN-Gemeinde einen hervorragenden Ruf, befördert vom ZIF-Gründungsdirektor Dr. Winrich Kühne, dem deutschen „Mr. Peacekeeping", und ausgebaut von Dr. Almut Wieland-Karimi als der jetzigen Direktorin.

Heute erfährt das ZIF überzeugtes Lob von AA-Staatsminister Michael Georg Link als Festredner (www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Friedenspolitik/Krisenpraevention/Aktuelles/120522_10-Jahre-Zif.html )wie von MdB Joachim Spatz, dem Vorsitzenden des Unterausschusses „Zivile Krisenprävention und Vernetzte Sicherheit". Wie sich die Zeiten manchmal auch zum Guten ändern. In der Gründungsphase des ZIF hatte Ulrich Irmer, damals außenpolitischer Sprecher der FDP, nur Hohn und Spott übrig für „eine Art Heilsarmee von Gutmenschen und Fernethikern, die, mit guten Ratschlägen bewaffnet, auf diversen Kontinenten zwischen die Kampfhähne laufen und dort für Friede, Freude, Eicherkuchen sorgen sollen". (9.11.2000 im Bundestag)

Umso erfreulicher ist, dass solche Äußerungen lange vorbei sind, dass das ZIF von Anfang an durch Leistung überzeugen konnte und fraktionsübergreifend unterstützt wird.

Grußworte kommen von Bundespräsident Gauck, von den Vorsitzenden des Unterausschusses Zivile Krisenprävention, Joachim Spatz und Kerstin Müller, von Vertretern der OSZE, UN, EU, dem Kofi Annan Peacekeeping Center in Ghana.

Seit 1994 habe ich im Bundestag den zähen Kampf für die Stärkung ziviler Konfliktbearbeitung mitgemacht. Ich erinnere mich deutlich an einen regelrechten friedenspolitischen Analphabetismus damals, an viel Militärfixiertheit in Zivil - und an freundliches Desinteresse gegenüber einem Ansatz, gegen den man gar nicht sein kann. Vor diesem Hintergrund bin ich froh, ja beschwingt, was die ZIF-Gemeinde im Laufe der Jahre geschafft hat. Schön, dass etliche Mütter, Väter und Geburtshelfer des ZIF da sind: neben Winrich Kühne Ludger Volmer (Staatsminister a.D.), Ralf Horlemann (AA-Referat VN-02), MdB Uta Zapf, MdB Gernot Erler, Wilhelm Höynck (Ex-Botschafter. erster OSZE-Generalsekretär), Martina Fischer (Friedensforscherin).

Schade nur,

dass eine Tradition ungebrochen bleibt: Das äußerst magere Interesse der Tagespresse und auch der meisten außen- und sicherheitspolitischen Journalisten an den zivilen Säulen internationaler Friedenseinsätze. Einzig Sabine Matthay (vormals ARD-Hörfunkkorrespondentin in Neu-Dehli) berichtet am Folgetag im RBB-Inforadio über die Jubiläumsfeier. Das war vor zehn, zwölf Jahren so, das ist -trotz aller, auf vermehrte zivile Fähigkeiten drängenden Einsatzerfahrungen - heute fast noch genauso.

Hätte der - erfreulicherweise anwesende - Wehrbeauftragte irgendwelche Materialmängel in Afghanistan beklagt - das wäre durch die Medien gegangen. Der friedens- und sicherheitspolitische Qualitätssprung, den 10 Jahre ZIF bedeuten, scheinen nicht der Rede wert zu sein. DOCH!

„Bunter" Veteranen/Rückkehrer-Tag am „International Day of UN-Peacekeepers" am 29. Mai?

Vor zehn Jahren rief die UN-Generalversammlung diesen Tag ins Leben zur Anerkennung für Soldaten, Polizisten und Zivilexperten in Friedenseinsätzen. (www.un.org/en/events/peacekeepersday/ 1988 erhielten die UN-Peacekeepers den Friedensnobelpreis.) ZIF-Direktorin Almut Wieland-Karimi greift in ihrer Begrüßung den Vorschlag von Verteidigungsminister de Maizière für einen Veteranentag auf und regt an, diesen 29. Mai zu einem Tag der Anerkennung für alle Frauen und Männer zu machen, die in Uniform oder Zivil in Friedenseinsätzen waren. Der Vorschlag verdient breite Diskussion und grundsätzlich Unterstützung.

Für den Vorschlag sprechen meiner Auffassung nach folgende Gründe:

-         Diejenigen, die im demokratisch legitimierten, öffentlichen Auftrag in Einsätze zur Friedenssicherung und Friedensentwicklung entsandt wurden, brauchen und verdienen öffentliche Aufmerksamkeit, Anerkennung und Unterstützung. Bisher erfahren sie meistens Desinteresse - die Polizisten und Zivilexperten übrigens noch mehr als die Soldaten. Der staatliche Auftraggeber (Bundesregierung und Bundestag) steht hier zumindest gegenüber den von ihm in einen Friedenseinsatz Entsandten in der Pflicht. MitarbeiterInnen von Durchführungsorganisationen der Entwicklungszusammenarbeit, von NGO`s und Hilfsorganisationen arbeiten wohl nicht im Rahmen internationaler Friedenseinsätze, aber in Krisenregionen an ihrer Seite für generell dieselben/ähnlichen Ziele und oft auch im öffentlichen Auftrag. Für sie könnte ein solcher Tag ein Angebot sein.

-         Die Realität von Friedenseinsätzen ist immer multinational und multidimensional (politisch-militärisch-zivil-polizeilich). Es geht um gemeinsame und umfassende Friedenssicherung. Der völkerrechtliche Legitimationsrahmen sind die Vereinten Nationen. Der International Day of UN-Peacekeepers ist das bestmögliche Datum und spricht am ehesten den Grundprinzipien von kollektiver, umfassender und gewaltvorbeugender Sicherheits- und Friedenspolitik.

-         Wo es um Aufmerksamkeit und Anerkennung von Politik und Gesellschaft für Veteranen bzw. Einsatz-RückkehrerInnen geht, sollte das nicht nur im Rahmen der jeweiligen Ressorts geschehen. (Rückkehrerappell bei Soldaten, Jahresempfang bei der Bundespolizei, nichts bisher bei Zivilexperten) Ein Tag der Anerkennung bloß für die soldatischen Veteranen hätte zur Folge, dass die polizeilichen und zivilen Rückkehrer noch mehr im Schatten öffentlicher Aufmerksamkeit stünden. Es wäre zugleich im Widerspruch zur Grunderfahrung aller internationaler Kriseneinsätze, dass hier Erfolg nur gemeinsam zu erreichen ist.

-         Auch wenn grundsätzlich bei der Krisenbewältigung zivile Mittel den Vorrang haben sollen, auch wenn die Unterschiede zwischen den Akteuren eines Friedenseinsatzes erheblich sind (freiwillige/befohlene Teilnahme, unterschiedliche Belastungen und Risiken, Image), so ist deshalb der eine nicht mehr wert als der andere. In Zeiten, wo die gesellschaftliche Aufmerksamkeit für Außen-, Sicherheits- und Friedenspolitik sowieso geringer geworden ist, wäre eine Konkurrenz der Rückkehrer um gesellschaftliche Aufmerksamkeit und Anerkennung unsinnig.

Probleme und erheblichen Diskussionsbedarf sehe ich insbesondere bei folgenden Punkten:

-         Staatliche Anerkennung und Ehrung ist symbolische Politik. Nach aller Erfahrung wird solche Symbolpolitik oft zur politischen Akzeptanzförderung umstrittener Politiken instrumentalisiert. Das damit einher gehende allseitige Schulterklopfen wirkt schnell als Beruhigungsmittel gegen Offenheit und kritische Selbstreflexion. Kurz: Symbolpolitik darf kein Ersatz sein für die Grundpflicht der Politik, sorgfältig, verantwortlich und ehrlich mit dem Mittel Friedenseinsatz umzugehen und alles dafür zu tun, dass sie Aussicht auf Erfolg (Friedenssicherung) haben.

-         Deutschland beteiligt sich am ausdrücklichen UN-Peacekeeping, an UN-geführten Missionen mit Personal nur minimal. Die Masse der militärischen und polizeilichen Kräfte ist in NATO und EU geführten, nur UN-mandatierten Missionen eingesetzt.

-         Offen ist, wieweit die verschiedenen Rückkehrergruppen einen Tag der Anerkennung wünschen und welche Art der Gestaltung - ob gemeinsam mit allen, jede Gruppe für sich? Hier wären unterschiedliche Formate vorstellbar, zentral und regional, lokal, gemeinsam und separat, rotierend über die Jahre mit unterschiedlichem Fokus.

-         Distanz bzw. Ablehnung ist von zwei Seiten zu erwarten: Einerseits von denjenigen auf der zivilen Seite, die Vernetzung und zivil-militärisches Zusammenwirken generell skeptisch sehen, bzw. prinzipiell ablehnen. Auf der militärischen Seite von denjenigen, für die Friedenseinsätze=Stabilisierungseinsätze seit Afghanistan obsolet sind und die sich nur noch als Kämpfer im Krieg verstehen. Gegenüber beiden Positionen ist die zentrale, eigenständige und bleibende Rolle von UN-Peacekeeping zu betonen - und dass in diesem Rahmen das Zusammenwirken von militärischen, zivilen und polizeilichen Komponenten unter dem Primat der Politik und bei gemeinsamen Zielen selbstverständlich ist. (Das gilt nicht für humanitäre und Hilfsorganisationen, für die Unabhängigkeit und Bevölkerungsorientierung essentiell sind. Sie arbeiten außerhalb von Friedensmissionen und oft in Gebieten ohne solche Missionen.)

 

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Koalitionsvereinbarung SPD - Bündnis 90/Die Grünen Oktober 1998

Die neue Bundesregierung „wird sich mit aller Kraft um die Entwicklung und Anwendung von wirksamen Strategien und Instrumenten der Krisenprävention und friedlichen Konfliktregelung bemühen. (...) Die GASP soll in ihrer weiteren Entwicklung verstärkt dazu genutzt werden, die Fähigkeiten der EU zur zivilen Krisenprävention und friedlichen Konfliktregelung zu steigern. (...) Den Vereinten Nationen werden eigenständige Einheiten für friedenserhaltende Maßnahmen (peacekeeping) als ´stand-by-forces` angeboten. (...) Die neue Bundesregierung wird für die Aufgaben im Bereich von Peacekeeping und Peacebuilding Ausbildungsmöglichkeiten schaffen. (...)  Eine besondere Bedeutung kommt der Zusammenarbeit mit Nichtregierungsorganisationen zu. Die neue Bundesregierung setzt sich für den Aufbau einer Infrastruktur zur Krisenprävention und zivilen Konfliktbearbeitung ein. Hierzu gehört neben der finanziellen Förderung der Friedens- und Konfliktforschung und der Vernetzung bestehender Initiativen die Verbesserung der juristischen, finanziellen und organisatorischen Voraussetzungen für die Ausbildung und den Einsatz von Friedensfachkräften und -diensten (z.B. Ziviler Friedensdienst)."

Außenminister Joschka Fischer zur Kosovo Verification Mission KVM der OSZE in der Fraktionssitzung von Bündnis 90/Die Grünen am 9.11.1998: Mit 2000 Mitarbeitern hat diese Mission den vielfachen Umfang bisheriger OSZE-Missionen. Deutschland stellt 200 Personen, je 80 von AA und BMVg, 40 vom BMI. Notwendig sei eine Ausbildung von Peacekeeping-Kräften. Da sei er nachhaltig dafür. Auf der Fraktionsklausur im Januar 1999 bekräftigt er diese Einschätzung. (Persönliche Notizen von W. Nachtwei, Kladde VIII) Zzt. gibt es praktisch kein einsatzvorbereitendes Training für die KVM-Mitarbeiter. Der Aufwuchs verläuft schleppend. Im Kosovo können KVM-Mitglieder immer wieder konfliktdämpfend wirken. Die KVM-Erfahrung bekräftigt und beschleunigt das Vorhaben Ausbildung von zivilen Peacekeepern.

Erste Pressemeldungen

- „Auswärtiges Amt für zivile Friedenskräfte", FAZ 15.5.1999

- „Bonn bildet zivile Friedensberater aus": „Die Bundesregierung will mehrere Hundert zivile Friedensberater ausbilden. Wie der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Ludger Volmer (Bündnis 90/Die Grünen), in Bonn erläuterte, soll damit eine Personalreserve „zwischen klassischer Diplomatie und dem Einsatz von Soldaten" zur Krisenintervention geschaffen werden. (...) Für dieses Jahr sind im Etat 600.000 Mark vorgesehen, für das Jahr 2000 sollen rund zwei Millionen Mark beantragt werden. Damit könnten in diesem Jahr vier und im kommenden Jahr zwölf vierzehntägige Lehrgänge für jeweils 20 bis 25 Personen geplant werden. (...) Die Interessenten sollen weiterhin einem Beruf nachgehen und kein ´stehendes Heer` bilden.", SZ 15.5.1999

Auswärtiges Amt - Ziviles Friedenspersonal wird besser ausgebildet, FR 15.5.1999

Erste ausführliche Presseartikel

- „Die andere Mission im Kosovo - Alternativen aus dem Hause Fischer", Ulrike Russmann in: Publik-Forum 6/1999

- „Das Auswärtige Amt bildet Friedenspersonal aus - Anspruchsvolle Lehrgänge", von Daniel Friedrich Sturm, Das Parlament 10.9.1999

- „Auf den Minenfeldern der Konfliktlösung - Beim Auswärtigen Amt beginnt das Training von zivilem Friedenspersonal für Kosovo und andere Krisenherde", von Rolf Paasch, Frankfurter Rundschau 16.9.1999

- „Zivile Aufrüstung - Deutsche Krisenhelfer sollen künftig für den Auslandseinsatz besser trainiert werden", von Moritz Kleine-Brockhoff, ZEIT 21.6.2001

Antrag der Fraktionen von SPD, CDU/CSU, Bündnis 90/Die Grünen und FDP „OSZE-Gipfel in Istanbul - für eine Stärkung der Handlungsfähigkeit der OSZE" (BT-Drs. 14/1959 vom 2.11.1999):

„Der Deutsche Bundestag begrüßt das im Juli 1999 begonnene Programm des Auswärtigen Amtes zur Ausbildung deutschen Personals für zivile Friedensmissionen insbesondere im Rahmen der OSZE und der Vereinten Nationen. Gemeinsam mit ähnlichen Programmen anderer Staaten sollte es zu einer internationalen Vernetzung nationaler Ausbildungskapazitäten genutzt werden."

Training für internationale Friedensmissionen (aus: W. Nachtwei, Krisen vorbeugen - Gewalt vermeiden - Ansätze einer präventiven Friedenspolitik, Februar 2000)

Ausgehend von zwei Machbarkeitsstudien der Stiftung für Wissenschaft und Politik fand der erste Ausbildungskurs für Teilnehmer an zivilen internationalen Friedensmissionen der UN bzw. OSZE im Juli 1999 statt. Schwerpunkte des zweiwöchigen Kurses sind Aufgaben, Struktur und Führung internationaler Friedensmissionen, Sicherheitsfragen, Landeskenntnisse, Konfliktgeschichte, Konfliktmanagement. Ausbildungsmodule werden gestellt von der Polizei, vom Hamburger OSZE-Institut, von Bundeswehr und Forum Ziviler Friedensdienst. In diesem Jahr soll eine Dreistufigkeit der Ausbildung (besser: Training) erreicht werden: neben dem Grundkurs fachspezifische und missionsspezifische Kurse. Bisher nahmen 111 Personen an den Kursen teil. Von diesen ist ein Drittel im Einsatz, im Kosovo, in Montenegro, Sierra Leone, bei den United Nation Volunteers und beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz. Für dieses Jahr sind 13 Kurse mit 250 TeilnehmerInnen geplant. Ange­strebt wird ein Personalpool von 300 Personen. Das Interesse an den Kursen ist mit ca. 15 Anfragen/Tag sehr hoch. Beabsichtigt ist die weitere internationale Öffnung der Kurse. Die Projektgruppe Ziviles Friedenspersonal unter Leitung des früheren OSZE-Generalsekretärs Botschafter a.D. Dr. Höynck soll zur Verzahnung der verschiedenen Ausbildungsbemühungen dienen. In ihr sind die entsprechenden Bundesressorts (AA, BMVg, BMZ) sowie NGO`s vertreten. Verbesserungsbedarf besteht vor allem in folgenden Punkten: Das Training muss ergänzt werden durch eine regelmäßige Einsatzbegleitung und Nachbereitung. Die personelle und finanzielle Ausstattung der Ausbildungsorganisation (zur Zeit je ein Ausbildungskoordinator,  wissenschaftlicher Mitarbeiter und eine Sekretärsstelle) ist zu verstärken. Schließlich müssen Wege gefunden werden, wie die Verfügbarkeit des Friedenspersonals verbessert werden kann. Die Installierung des Trainings für Friedenspersonal ist ein viel bedeutenderer Schritt, als es angesichts der relativ bescheidenen Zahlen zunächst den Anschein hat: Hier wird erstmalig eine umfassende und kohärente zivile Interventionsfähigkeit aufgebaut.

Bundestagsdebatte zum Antrag „Förderung der Handlungsfähigkeit zur zivilen Krisenprävention, zivilen Konfliktregelung und Friedenskonsolidierung" von SPD und Bündnis 90/Die Grünen (BT-Drs. 14/3862 vom 9.11.2000; wesentlich verfasst von meinem Mitarbeiter Andreas Körner)

Ulrich Irmer (FDP): „(...) Zivile Krisenprävention, zivile Friedensdienst - wir haben das vorher schon gehört - sind die letzten „leftovers" des Koalitionsvertrages zur Bedienung der friedensbewegten rot-grünen Stammklientel. (...) Allerdings wollen Sie ja nicht nur friedlich sein. Sie wollen eine schnelle Einsatztruppe, die weltweit für Harmonie unter den Völkern sorgen soll. Wissen Sie, was Ihre schnelle Eingreiftruppe ist? Eine Art Heilsarmee von Gutmenschen und Fernethikern, die, mit guten Ratschlägen bewaffnet, auf diversen Kontinenten zwischen die Kampfhähne laufen und dort für Friede, Freude, Eierkuchen sorgen sollen, Am deutschen Wesen soll die Welt genesen, das ist die rot-grüne Leitkultur. (...)"

Zum Pressegespräch am 8.11.2000 zum o.g. Antrag „nur ein gelangweilter dpa und A. Szandar vom SPIEGEL." Presseecho auf die Debatte Null!" (Persönliche Aufzeichnungen von W. Nachtwei, Kladde XII)

Juni 2002 (aus: W. Nachtwei „Gewalt verhüten - Frieden fördern - Rot-grüne Beiträge zur zivilen Krisenprävention)

Seit Sommer 1999 führt das AA Kurse durch, in denen zivile Experten auf ihre Arbeit in internationalen Friedensmissionen von VN und OSZE vorbereitet werden. Inzwischen wurden die Kurse international geöffnet. Der Pool für ziviles Friedenspersonal umfasst bisher mehr als 700 Personen und wächst kontinuierlich. Um die Rekrutierung und Qualifizierung des Friedenspersonals zu verbessern, ihre Einsatzbegleitung und Nachbetreuung sowie die Evaluation von Friedenseinsätzen zu gewährleisten, wurde am 24. Juni 2002 das „Zentrum für Internationale Friedenseinsätze"/zif mit ca. 20 MitarbeiterInnen in Berlin eröffnet. Geschäftsführer ist Dr. Winrich Kühne, führender deutscher Experte in Fragen der VN und Friedensmissionen.

Die Bundesrepublik erhöhte ihren Personalanteil bei der OSZE von 8 auf 11,5% und stellt die Trainingskoordinatorin.

Ende Mai 2002 begann der Einsatz des bislang größten Einzelkontingents ziviler Fachkräfte, das die Bundesregierung bisher in eine Friedensmission entsandte: 23 Justizvollzugsbedienstete sollen im Kosovo den Aufbau eines sicheren Strafvollzugs unterstützen und die Führung des einzigen UN-Hochsicherheitstrakts übernehmen. Hierher sollen künftig Kriegs- und andere Schwerstverbrecher aus dem ganzen Kosovo verlegt werden.

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